Kennt ihr das, wenn ihr euch auf den ersten Blick in ein Strickprojekt verliebt? Das Herz klopft, die Fingerspitzen kribbeln, man kann an nichts anderes mehr denken, als an dieses Projekt. Stundenlanges Surfen durch die Projektseiten auf Ravelry: Welches Garn passt wohl am besten? Welche Farben könnte man nehmen? Schnell mal sehen, was noch im Lanade-Lager ist …
So ist es mir mit einem der Brioche-Tücher von Stephen West ergangen. Briochexplosion heißt das Teil passenderweise, denn es ist riesengroß und vor allen Dingen bunt. Von der Konstruktion her ähnelt es dem Askews me Shawl, den Carolin euch letzte Woche vorgeführt hat, nur etwas symmetrischer und mit Zunahmen im Zick-Zack-Verlauf. So was hier:
Wochenlang habe ich passende Garne in passenden Farben gesammelt. Wochenlang habe ich mich seufzend durch andere Projekte gestrickt, bis ich diese große neue Liebe endlich anfangen konnte. Das Projekt hat mir den perfekten Vorwand geliefert, ein paar Garne auszuprobieren, die ich noch nicht kannte. Madelinetosh musste natürlich mit dabei sein.
Die Tosh DK ist ein sehr weiches, verzwirntes Merino-Garn, das ich auf jeden Fall auch noch für Pullover und Strickjacken nehmen werde. Cosmic Wonder Dust ist die bunteste Sprenkel-Färbung, die ich finden konnte. Ein Traum! Die dunkelblaue Fathom wiederum ist beinahe gleichmäßig und ohne große Farbvarianzen gefärbt, aber die braucht sie auch gar nicht. Das Blau leuchtet so sagenhaft, dass man gar nicht mehr den Blick abwenden kann.
Malabrigo Rastita kannte ich noch nicht, deshalb ist die mit ins Tuch gewandert. Dass die Maschenprobe etwas feiner ist als bei der Tosh DK tut dem Tuch keinen Abbruch. Die blaugrüne Solis und die herrlich lilapinke Sabiduria sind hier zum Einsatz gekommen und haben eine Leuchtkraft, wie ich sie von Malabrigo-Dochtgarnen kenne und liebe. Als Drittes ist noch Malabrigo Silky Merino dazugekommen, die mit ihrem Seidenanteil noch mal um einiges geschmeidiger ist als ihre Schwester Rastita. Gewählt habe ich die Farbe Pink Panther. Wenn schon bunt, dann richtig.
Nachdem ich dann eine geraume Zeit eine erkleckliche Menge Garn verstrickt hatte, war die Zeit zum Abketten gekommen. Ich hatte das Tuch auf einer gar nicht mal so kurzen 100-cm-Rundnadel gestrickt und zum Schluss einen ganz schönen Berg produziert, Masche an Masche eng aufgefädelt. Je länger ich die Maschen abkettete, desto weiter entfaltete sich also der Stricksack auf meinen Beinen zu einem Tuch. Und wurde immer länger. Und länger. Und länger? Und länger!
Mein erster Gedanke: Was habe ich getan?! Irgendwie kam mir erst da die Erkenntnis, dass ein riesengroßes, sehr voluminöses Brioche-Tuch in leuchtend bunten Farben vielleicht nichts ist, was ich zu jedem Anlass tragen würde. Denn dieses Tuch ist tatsächlich seeehr bunt.
Mein zweiter Gedanke: Ich liebe es! Und zwar genau deswegen, weil es so bunt ist, so unvernünftig und unüberlegt durchgeknallt und so voluminös, dass es einfach etwas ganz Besonderes ist. Natürlich ist es durch die wunderbaren Merinoqualitäten und die voluminöse Stricktechnik sehr, sehr weich und kuschelig.
Aber wo führt mich diese Reise hin? Wache ich vielleicht morgen auf und stelle fest, dass ich eine Brioche-Decke aus neongrünem Mohair-Garn gestrickt habe? Sollte ich kontrollieren, ob ich meiner aktuellen Strickjacke unbemerkt Katzenohren oder Troddeln angestrickt habe? Würde ich bei einer Stash-Razzia neongelbe Wolle finden? Bin ich schon völlig westifiziert?
Von daher muss ich leider sagen: Es war schön mit dir, lieber Stephen West, aber ich glaube, wir sollten uns von jetzt an eine Weile nicht mehr sehen. Lass uns Freunde bleiben, okay?
Unser gemeinsames Tuch bleibt allerdings schön bei Mama.
Modell: „Briochexplosion“ von Stephen West
Garn: 3× Madelinetosh Tosh DK in Cosmic Wonder Dust, 1× Madelinetosh Tosh DK in Fathom, 1× Malabrigo Rastita in Fb. 136, Sabiduria, 1× Malabrigo Rastita in Fb. 809, Solis, 1× Malabrigo Silky Merino in Fb. 428, Pink Panther
Nadeln: KnitPro Rundstricknadel, 100 cm lang, Stärke 4,5 mm
Modifikationen: Normale Abkettkante statt I-Cord, weil mir Garn und Geduldsfaden ausgegangen sind
Ui, da ist in der Tat mächtig was explodiert…
Mir gefalen die Zickzackzunahmen und die Tuchform sehr gut. Lange dunkle Hose und dieses Tuch sind schon ein komplettes Qutfit ;-D
Aber, um Himmels Willen, ich weiß ja, dass Selbstgestricktes unbezahlbar ist. Der reine Warenwert dieses Ungetüms is aber nich ohne, hm?!
Hallo Kathi,
stimmt schon, ein Schnäppchen ist das Tuch eher nicht. Ich habe die Garne teils in meinem Vorrat gehabt (Malabrigo), teils extra dafür ausgesucht, deshalb ist die Anschaffung nicht als so ein Riesenbatzen ins Gewicht gefallen. Das Schöne bei dem Tuch ist ja, dass man auch Reste mit einbringen kann und nicht zwangsläufig alle Garne neu kaufen muss. 🙂
Oh welch gigantisches Tuch. Das reinste Ur-Vieh!! Super!!
Haha, “Ur-Vieh” merke ich mir! 😀
Ich sag nur WOW 🙂
Hallo Nina,
das Tuch ist wieder nur wow und steht Dir auch sehr gut. Bist Du mit Carolin in den Wettstreit getreten, wer ist der Erste, der sein Werk vollendet hat. Aber beide Tücher sind nicht gleich und das ist das Schöne daran.
Ein Wettstreit war es nicht, eher eine gemeinsame Begeisterung. 😉 Ich muss aber zugeben, dass ich schon das eine oder andere Mal neidisch auf Caros Farbwahl rübergeschielt habe.
Huhu Nina,
Tolles Teil mal wieder… Vielleicht brauche ich doch ein solches statt dem Askew me Poncho…. :-/
Du und Carolin seid ja die Brioche-Queens hier… Ich vermute, der mir auch gut bekannte Designer hat hier die Zunahmen auch als brkyobrk gearbeitet? Bei euch sehen die immer so toll gleichmäßig aus – bei mir wird die Masche, aus der ich brkyobrknitte, immer leider sehr groß. Habt ihr da einen Trick/Tipp auf Lager?
Hey Michaela!
Ui, Brioche-Queen? Da muss ich mir gleich eine passende krone zu stricken! ;-P
Richtig, die Zunahmen sind die berühmt-berüchtigten brkyobrks (ich spreche das im Kopf immer “Björkbjörks” aus). Das Problem mit der gedehnten Masche habe ich bisher noch nicht gehabt. Ich frage mich, ob man die Masche in Schach halten könnte, indem man noch den Umschlag aus der Vorreihe mit auf die linke Nadel hebt und den Björkbjörk durch drei Schlaufen statt nur durch zwei herausstrickt. Ich stelle mir vor, dass dadurch etwas mehr Halt in die Masche käme – ich weiß aber nicht, ob und wie sich das aufs Strickbild auswirken würde. Vielleicht hat Brioche-Queen Caro noch eine Idee …?
Liebe Nina und liebes Lanade-Team,
dieses Tuch ist einfach nur toll geworden, und ich wünsche Dir, liebe Nina, ganz viel Freude damit! Ich muss allerdings auch sagen, dass der Materialwert hier doch sehr hoch ist, und für manche (oder vielleicht auch einige mehr) StrickerInnen nahezu unbezahlbar sein dürfte. Ich fände es daher wirklich superschön, wenn Ihr so ein besonderes Projekt auch einmal in einer Variante aus den doch erheblich günstigeren (aber nicht gleichsam schlechteren) DROPS-Garnen vorstellen würdet… 😉
Hallo Isabell,
vielen Dank für das Lob. 🙂
Natürlich soll hier niemand in den finanziellen Ruin getrieben werden. Ich wollte mit dem Tuch ein wenig zeigen (und natürlich auch selber sehen), wie sich die schönen Färbungen von Malabrigo und Madelinetosh so machen. Jedes dieser Garne sieht aber garantiert auch genauso gut aus, wenn man es mit den preisgünstigeren Garnen von Drops kombiniert – und schlägt dann nicht ganz so sehr auf den Geldbeutel. Es wird aber ganz sicher auch noch viele schöne Projekte mit Drops-Garnen hier im Blog zu sehen geben. Ich habe da ganz zufällig schon ein Knäulchen Drops Big Delight auf den Nadeln … 😉