Irgendwie hab ich das Gefühl, dass meine Edelstahlnadel Flugrost ansetzt – kann es sein, dass wir dieses Jahr noch gar nicht über Stricktechnik gesprochen haben? Vielleicht können wir ja schon alles … oder nicht? Machen wir mal die Probe aufs Exempel. Kennt ihr schon:
Zunahmen gehören mit Sicherheit zu den ersten fünf Dingen, die man als Strickanfängerin lernt, und natürlich beherrscht ihr alle mindestens eine Technik. Aber spätestens wenn die Ansprüche an das Maschenbild (und generell die Lochfreiheit des Projektes) steigen, sehen die meisten, dass Zunahmen, besonders regelmäßige Zunahmen, oft noch auffälliger und sichtbarer sind als die vor einiger Zeit schon thematisierten Abnahmen und fangen an, sich nach anderen, besseren Techniken umzusehen.
Lifted increases, zu Deutsch etwa „angehobene Zunahmen“, sind dabei eine eher unbekannte aber simple Möglichkeit, die Maschenanzahl relativ unauffällig zu erhöhen. Sie funktionieren ähnlich wie shadow wraps, sind simpel und effektiv und es gibt eine rechts und eine links geneigte Variante. Klingt gut, oder? Schauen wir doch mal drauf.
Rechts geneigt
- strickt rechts bis zu der Stelle in der die Zunahme sitzen soll
- stecht mit der rechten Nadelspitze von vorne nach hinten in die Masche unterhalb der nächsten, aktiven Masche ein
- schlingt den Faden um die Nadel und holt ihn als neue Masche auf die rechte Nadel*
- strickt die aktive Masche wie gewohnt ab
links geneigt
- strickt rechts bis zu der Stelle in der die Zunahme sitzen soll
- sucht mit der rechten Nadelspitze die Masche, die zwei Reihen unterhalb der gerade Abgestrickten liegt
- stecht dort von vorne nach hinten ein
- schlingt den Faden um die Nadel und holt ihn als neue Masche auf die rechte Nadel*
An den mit * markierten Teilen weiche ich von den mir bekannten Tutorials zu lifted increases ab. Dort wird üblicherweise beschrieben, welches Maschenbein man wie auf die linke Nadel heben soll (daher lifted), um es dann normal oder verschränkt abzustricken. Aber ich habe festgestellt, dass es viel einfacher ist, die neue Masche ganz intuitiv und ohne die Hilfe der zweiten Nadelspitze aus der älteren Masche heraus zu stricken. Das erfordert etwas Übung, funktioniert dann aber genauso gut wie das Aufnehmen von Maschen aus einer Seiten- oder Abkettkante.
Vorteile und Vergleich
Wie schon angekündigt, bleiben die Zunahmelinien bei dieser Technik (1) schön flach, weil – anders als zum Beispiel bei der Zunahme aus dem Querfaden (2) – kaum am schon gestrickten Material gezerrt wird. Andererseits entstehen auch keine Löcher, weil die neue Masche nicht, wie zum Beispiel beim klassischen, verschränkt abgestrickten Umschlag (3), aus blauem Dunst erscheint, sondern von Anfang an eine direkte Verbindung zu den älteren Maschen hat.
Achtung! …
… bei mehrfarbigen Mustern, beispielsweise Fair-Isle-Passen! Prinzipiell liefern Lifted increases auch hier schöne Ergebnisse, ihr müsst aber gut aufpassen, die Zunahmen innerhalb desselben Farbfeldes (bestenfalls Hintergrundfarbe) zu platzieren, das das Muster sonst verwischt.
Fazit
Lifted increases eignen sich für alle Maschenvermehrungs-Intentionen in struktur- und lochmusterfreien Umgebungen, die dabei möglichst struktur- und lochmusterfrei bleiben sollen. Bei wolligen Garnen und solchen, die nach der ersten Wäsche nochmal kräftig „auffluffen“, liefert verschränktes Aufschlingen gleich gute bis teilweise sogar noch bessere Ergebnisse – bei glatten Garnen und regelmäßig wiederkehrenden Zunahmelinien überzeugen mich die lifted increases. Probiert sie aus! 🙂
… und meine Edelstahlnadel glänzt jetzt auch wieder wie die Wega am Nachthimmel. Hach!
Dein Tutorial kommt genau zur richtigen Zeit. Ich habe gestern einen neuen Raglan angeschlagen und bin mit den nicht-lochfreien-verzogenen-deutlich-sichtbaren Zunahmen immer unzufrieden. Heute Abend werde ich deine Variante testen. Herzlichen Dank
Hallo Antje,
danke, sehr guter Beitrag. Das mit der rechten Masche mache ich schon lange so, auch mal anders, doch das ist für mich die beste Lösung. Aber links habe ich das noch nie so gemacht, auch ehrlich gesagt, gar nicht gewusst, wie es richtig funktioniert. Das probiere ich auf jeden Fall mal aus, auch wenn Du schreibst, es braucht etwas Übung..
Ja, das ist bei Raglan so, ich habe auch erst Schwierigkeiten vor vielen Jahren damit gehabt, doch dann bin ich auf die andere Variante umgestiegen und siehe da, es geht auch anders.
Schönen Feiertag und liebe Grüße aus dem sonnigen Süden
Ich bin ja eigentlich bekennende Querfaden-Maschenvermehrerin – aber das Bild ist schon überzeugend. Muss ich wohl doch mal ausprobieren und üben 🙂
Klasse, danke! Es macht so Spaß, hier immer wieder etwas neues lernen zu dürfen!
Kann man diese Methode auch bei Sockengarn verwenden?