Eigentlich bin ich ja so ein haptischer Mensch. Ich muss immer alles anfassen und mit der Hand aufschreiben und am besten noch in irgendeine Hosen-, Jacken- oder Handtasche stecken können.
Im Laufe meiner Jahre als Strickerin bin ich aber, was Anleitungen angeht, immer mehr auf die digitale Schiene gekommen. In den ersten Jahren habe ich noch alles ausgedruckt und mit handschriftlichen Notizen versehen, Strichlisten für gestrickte Reihen und Runden inklusive.
Je mehr ich dann aber lernte, mein Gestrick zu lesen und je mehr Papieranleitungen dank Kaffeeringen und Schokokeksunfällen unleserlich wurden, desto öfter habe ich meine Anleitungen nur noch auf meinem Tablet geöffnet.
Und nachdem ich meine ausgedruckten Anleitungen mit dem Handy abfotografiert habe, um auf einer Autofahrt (als Beifahrerin natürlich) ohne großes Blätterwerk mein Projekt weiterstricken zu können, habe ich den Papierkram ganz sein gelassen.
Was aber immer geblieben ist, ist eine Schwäche für schöne Strickbücher. Und was ich jetzt in die Finger bekommen habe, muss ich euch unbedingt zeigen, weil es einfach unfassbar schön ist!
Vermutlich bin ich die letzte, die 52 Weeks of Shawls (deutscher Titel: 52 Wochen Tücher stricken) entdeckt hat. Auf Instagram, YouTube & Co. habe ich das Buch jedenfalls schon etliche Male gesehen. Und die Liste der Muster auf Ravelry bin ich natürlich auch schon ein paar Mal durchgegangen. Aber dass das Buch in echt so schön ist, hat mich dann doch umgehauen. Schaut mal!
Während die meisten Strickbücher wabbelige, dünne Dinger sind, kommt hier ein schweres, gebundenes Buch mit hochwertigem Leineneinband und Lesebändchen daher. Definitiv nichts, was man auf einer Autofahrt auf dem Schoß balanciert, einen Downloadcode für eine zusätzliche eBook-Version gibt es hier auch nicht. Dieses Buch verlangt einen Platz auf dem Couchtisch oder wenigstens einen Ehrenplatz im Strickregal – den es auch verdient.
Beim Blick in das Inhaltsverzeichnis sehe ich einige Designer und Designerinnen, die ich schon kenne (Anna Johanna, Susanne Sommer, Stephen West) und viele, viele mir neue Namen, die ich jetzt kennenlernen kann. Und es sind tatsächlich 52 Muster für Tücher in allen möglichen Größen und Formen. Ob es jemand schaffen kann, die alle in einem Jahr zu stricken? Ich jedenfalls nicht! Aber dann kann ich mich im Jahr darauf auch noch auf was freuen 😉
Beim Durchblättern wechseln wirklich außergewöhnlich schöne Fotografien mit klar geschriebenen (englischen) Anleitungen. Die Fotografien vermitteln alle die wunderbare Kuscheligkeit und Geborgenheit von selbstgestrickten Tüchern.
Hinter den Models sind oft Wald, Schnee und Holzhütten zu sehen. Die Models selbst zeigen die Tücher, ohne alles mit Haaren und Armen zu verdecken und ohne ungelenk da zu stehen, als würden sie auf den Bus warten – davon können sich viele Publikationen eine Scheibe abschneiden.
Aber kommen wir zu den Anleitungen selbst, die natürlich das Wichtigste an dem Buch sind. Sie sind sehr übersichtlich und klar gehalten. Ich persönlich freue mich sehr, dass alle Maße nicht nur in Zoll, sondern auch in Zentimetern angegeben werden. Wenn ich das im Kopf umrechne, geht das sonst meistens ähnlich aus wie wenn ich Strickstücke mit den Fingern statt mit einem Maßband abzumessen versuche. Mathe ist bei mir nicht so ein präzise ins Ziel geschossener Pfeil wie bei manchen anderen, sondern eher eine Art Wasserbombe, die in die vage richtige Richtung geworfen wird, in der Hoffnung, dass auch das Ziel nass wird. Daher: Danke, 52 Weeks of Shawls.
Nicht ganz so dankbar bin ich dafür für die Strickcharts, die bei manchen Anleitungen etwas arg zierlich geraten sind. Das ist bei Lacemustern, bei denen man sich eh irre konzentrieren muss, um jeden Umschlag, jede Abnahme und jeden Flickflack an die richtige Stelle zu setzen, nicht hilfreich. Zum Glück trifft das aber nur auf einige Muster zu und für alle gibt es auch eine ausgeschriebene Anleitung.
Wollt ihr mal meine Lieblingsmuster sehen?
Wild Flowers von Katya Gorbacheva finde ich einfach wunderbar. Das groß angelegte Wildblumenmuster wird ohne zweite Farbe, nur mit Strukturmustern gearbeitet. Wenn ihr jetzt mit Grausen an verschränkte linke Maschen denkt, dann ich euch beruhigen: Das Tuch wird in der Runde gestrickt und dann als Steek aufgeschnitten, sodass man nie Rückreihen stricken muss. Der Fransenrand entsteht dabei gleich mit.
Susanne Sommer spielt bei ihrem Tuch Stairway wieder ganz großartig mit Brioche und Garter Stitch. Je nach dem, ob man die Farben Ton-in-Ton oder mit starken Kontrasten wählt, kann man völlig verschiedene Tücher produzieren.
Diese Bilder von Hanna Maciejewskas Quicksand könnte ich stundenlang anschauen. Brioche und Zopfmuster, das Garn in DK-Stärke – das sieht so kuschelig aus!
Eigentlich dachte ich ja, ich hätte meine Lacetücher-Phase hinter mir. Aber wenn ich Frost von Valentina Cosciani so sehe … seufz.
Ich weiß nicht warum, aber irgendwie spricht mich auch Fiona Alices Windgate total an, obwohl es so schlicht ist. Vielleicht gerade deswegen? Auf jeden Fall ein guter Kandidat für meinen kleinen Hamstervorrat an Lang Yarns Lace!
Ihr seht vielleicht schon an dieser kleinen Auswahl, dass unter den 52 Anleitungen, die sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch im Shop verfügbar sind, eine wahnsinnige Vielfalt an Stricktechniken (und sogar ein paar Häkelmuster!) vertreten ist. Wer will, kann hier ganz gemütlich mit Garter und Stockinette einsteigen und dann nach und nach aus der Komfortzone herauskommen und sich an Brioche, Jacquard, Steeks und mehr versuchen. Ich habe hier tatsächlich auch noch eine Technik entdeckt, die ich schon lange mal ausprobieren wollte. Aber das zeige ich euch dann im nächsten Beitrag.
Ein Bilderbuch für Strickerinnen……macht Lust auf neue Tücher….
Toll !
Moin Nina, das Buch hat mich auch schon gelockt, aber ich habe seine Schwester, die 52 Sockenwochen im Regal stehen und da tut es nix außer stehen. Lacemuster, gedruckt in dunkelbraun auf hellbraun Grund und alle 72 Reihen auf einer Seite – zu welcher Tageszeit und in welchem Gemütszustand soll ich das denn stricken? Zum Abfotografieren fehlt mir die Geduld und einen Scanner habe ich nicht Also ein Coffeetable Book, bei dem ich mir maximal Inspirationen holen kann
Nur ein kleiner Tipp von mir. Es gibt mittlerweile eine deutsche Übersetzung von dem wunderbaren Buch – für all jene, die nicht so gerne engliche Anleitungen lesen.
Oh, oh – Entschuldigung. Ich hätte erst den Beitrag lesen sollen. Es steht ja schon drin. Peinlich.
Hallo Nina,
vielen Dank für den Blogbeitrag. Ich habe hoffnungsfroh jede Woche nachgeschaut und freue mich, wieder etwas zu lesen.
Ich schätze den Lanade-Blog sehr.
Alles Gute für das Team,
Antina Twardzik
Hallo Nina,
es freut mich, dass das Buch für Dich so ein Glücksgriff war, leider kann ich da nicht mitgehen. Habe mich durch den absolut genialen Quicksand gequält – schade, dass ein Chart fehlt – und dann war es vorbei. Die Schrift und der Zeilenabstand sind ohne jede Platznot dermaßen klein, das ist eine absolute Zumutung, zumal man ja von diesen Anleitungen arbeiten muss, wie Du geschrieben hast, gibt es keine Downloads. Die Modelle sind Geschmackssache, etliche haben mir sehr gut gefallen. Aber aufgrund des „Augenpulvers“ habe ich das Buch längst verkauft. Sehr schade, und nein, ich bin nicht augenkrank .
Liebe Grüße
Regina