Kreuzanschlag für Schlaufüchse

Maschen anschlagen – generell ein guter Start, wenn man was stricken will. Ich habe im Laufe der Jahre etliche Techniken dafür gelernt … und nutze dann doch bei 90 % aller neuen Projekte doch wieder den gleichen Maschenanschlag. Und zwar den allerersten, den ich als Kind von meiner Oma gelernt habe und den ihr höchstwahrscheinlich auch alle kennt: den Kreuzanschlag. Omi wusste eben schon immer, was gut ist!

Gegen den Kreuzanschlag gibt es auch wenig einzuwenden. Sicher, bei bestimmten Projekten sind andere Maschenanschläge vielleicht effektiver oder hübscher. Aber wenn man nur einen einzigen Maschenanschlag lernen und dann seine Ruhe haben will, ist der Kreuzanschlag astrein. Sieht gut aus, ist recht elastisch, leiert nicht aus. 

Seine Besonderheit und gleichzeitig seine größte Schwachstelle ist, dass bei dieser Technik die Maschen mit zwei Fäden über Kreuz angeschlagen werden – daher der Name logischerweise. Meine Oma hat mir das so beigebracht, wie es auch heute noch in allen Ecken und Winkeln der Strickwelt gezeigt wird: Man nimmt sich eine gute Länge Garn vor, legt irgendwo aus der Mitte die erste Masche per Schlaufe auf die Nadel und schlägt dann die Maschen simultan aus dem Arbeitsfaden und dem verbleibenden Endfaden an. Alles klar, keine Einwände. Erst wenn man irgendwann sehr viele Maschen anschlagen will, wird einem die Schwachstelle der Anschlagstechnik klar: Die Länge des Fadenendes, das die eine Hälfte des Maschenanschlags bildet, muss passen. Oder wenigstens nicht zu kurz sein! Dummerweise ist sie sehr oft zu kurz.

Ich weiß nicht, wie oft ich schon 300 frisch angeschlagene Maschen aufgezogen habe, weil das Fadenschwänzchen nicht für die letzten 30 Maschen gereicht hat. Und beim zweiten Versuch nicht für die letzt 5 Maschen. Und der dritte Versuch wird dann auch geribbelt, weil ich nach 330 erfolgreich angeschlagenen Maschen ein Fadenende von gefühlten 2 Metern da liegen habe, die ich nicht verschwenden will. Grrr!

Oma hat mir dafür damals einen Tipp mitgegeben: Vorab den Faden so oft um die Nadel wickeln, wie man Maschen braucht, dann weiß man, wie lang der Faden sein muss. Der Trick ist jetzt eher so mittelhilfreich, sage ich mal. Erstens braucht eine Masche doch ein kleines bisschen mehr Faden als ein einfacher Wickel, das summiert sich bei 300 Maschen. Und zweitens: Hat doch keiner Zeit für sowas! Geht das nicht anders? Doch, geht es. Hier sind zwei Tricks, die ich mittlerweile standardmäßig beim Kreuzanschlag anwende. Vielleicht helfen sie auch euch!

Nummer 1: Der Halbzeitmarker.

Das mache ich eigentlich mittlerweile immer beim Kreuzanschlag, selbst wenn ich nur eine kleinere Menge Maschen anschlage. Ich bemesse meinen Faden grob per Augenmaß, aber bevor ich loslege, mache ich noch eine kleine Schlaufe auf halber Strecke des Fadenendes, das nicht mit dem Knäul verbunden ist. Dann fange ich ganz normal mit dem Kreuzanschlag an. Wenn ich bei der Schlaufe ankomme, aber noch weniger als die Hälfte der Maschen angeschlagen habe, weiß ich, dass ich zu wenig Faden habe. Dann muss ich zwar auch wieder neu anfangen, habe aber wenigstens nur die Hälfte der Maschen umsonst gemacht. Immerhin. Und wenn ich richtig geschätzt habe und beim Erreichen der Schlaufe auch etwa bei der Hälfte der Maschen bin, lache ich mir ins Fäustchen, ziehe ich die Schlaufe auf und schlage den Rest an, ohne bis zur letzten Masche zittern zu müssen.

Geht’s noch schlauer? Ja, tatsächlich. Eines Tages bin ich nämlich auf eine geniale Methode für den Kreuzanschlag gestoßen, bei der man immer genug Faden für alle Maschen hat. Für den Fall, dass ich nicht der letzte Mensch auf der Welt war, der sie entdeckt hat, zeige ich sie euch hier.

Nummer 2: Das doppelte Knäulchen.

Auch wenn meine liebe Omi mir damals beigebracht hat, dass man den Kreuzanschlag mit ein und demselben Faden macht: das muss gar nicht sein. Die zwei Fäden, mit denen man anschlägt, können auch aus zwei verschiedenen Knäulen kommen. Schlau, was? Wär ich nie selbst drauf gekommen, mache ich mittlerweile aber immer, wenn ich mehr als 50 Maschen brauche. 

Ich zeig es euch hier mal mit zwei verschiedenen Garnen, damit ihr seht, wie einfach das geht. Ihr macht das dann später natürlich mit zwei Knäulen des gleichen Garns, dann sieht die Anschlagskante ganz genauso aus wie beim klassischen Kreuzanschlag aus einem Knäul. Ihr habt nur ein Knäul? Dann schaut, ob ihr das zweite Fadenende aus dem Inneren herausgepult bekommt, das geht auch.

Zur Vorbereitung macht ihr eine Schlinge mit beiden Fäden zusammen und legt sie auf die Nadel. Diese zweifädige Masche ist jetzt natürlich dicker als alle folgenden Maschen, aber das muss euch kein Kopfzerbrechen machen. Sie dient nur der Verankerung und wird am Ende wieder abgeworfen.

Wenn die Schlinge sitzt, könnt ihr die Fäden der beiden Knäul wie gewohnt zum Kreuzanschlag ansetzen und los-anschlagen. Sofern ihr nicht eine wirklich, wirklich, WIRKLICH große Maschenanzahl braucht, sollte euch der Faden nicht ausgehen. Achtung: Die Doppelschlinge vom Anfang zählt ihr nicht mit, wenn ihr eure Maschen zählt.

Sind alle Maschen drauf, schneidet ihr einen der beiden Fäden ab. Mit dem anderen strickt ihr dann wie gewohnt weiter. Denkt nur daran, am Ende der ersten Reihe, die ihr über die angeschlagenen Maschen strickt, die Doppelschlinge vom Anfang wieder runterzuwerfen und die Schlinge aufzuziehen. Keine Angst, die übrigen Maschen halten auch ohne sie.

Das war auch schon der ganze Trick. Ja, ich höre die von euch, die schon die ganze Zeit ihren Monitor anschreien: Da sind zwei Fadenenden mehr zu vernähen als beim normalen Kreuzanschlag. Ihr habt recht. Dafür habe ich leider noch keine Lösung gefunden. Aber ich frage mal meine Omi!

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Kommentare

  1. Von Anja am 03. Juli 2024:

    Hi Nina,
    Trick 1 verwende ich auch regelmäßig, für 2 bin ich wohl zu vernähfaul, aber nette Idee.
    Ich mache vor langen Anschlägen immer einen „Testanschlag“ mit 10-20 Maschen, messe dann den benötigten Arbeitsfaden aus und multipliziere. Das ist recht genau, aber natürlich auch etwas aufwändig.
    Schön, dass es im Blog mal wieder was zu lesen gibt!
    Anja

  2. Von Béa am 03. Juli 2024:

    Hallo Nina ☺️,
    Ich werde den zweiten Vorschlag testen.
    Ich habe mich richtig gefreut , wieder einmal etwas über Stricktechnick zu lesen.
    Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag.
    Liebe Grüsse
    Béa

  3. Von Sigrid am 04. Juli 2024:

    Moin Nina,
    mit Trick 2 kann ich mir vorstellen, wieder den Kreuzanschlag zu machen. Die letzten Jahre habe ich lieber andere Anschläge gemacht, bei denen ich nicht messen oder gar ribbeln musste…
    Endlich steht mal wieder was im Blog – ich habe es soo vermisst.
    Liebe Grüße
    Sigrid

  4. Von Barbara am 08. Juli 2024:

    Moin Nina, ich dachte ja schon, ich sei die Letzte, die das mit den 2 Knäulies mitbekommt 😉 Ich habe mir damals echt mit der Hand gegen die Stirn gehauen, dass ich da nicht früher und vor allem SELBST! drauf gekommen bin.
    Mittlerweile nurtze ich das auch mal als Stilelement um die Musterfarbe schon mal am Anfang des Bündchens zu präsentieren, besonders bei Socken, Handschuhen oder Mützen.
    Und ja, endlich mal wieder ein Blog-Beitrag 🙂
    Liebe Grüße
    Barbara

  5. Von Ulrike am 13. Juli 2024:

    Moin liebe Nina,
    Cool wieder was dazu gelernt! Danke für den Tipp 2.
    Ich bin auf Maschen aufhäkeln umgestiegen, weil mich das Problem auch nervt.
    Bei Socken nehme ich den chinescher M-Anschlag, mache ne Rückreihe rechts verschränkte Maschen, nächste Hinreihe beginne ich mit dem Bündchenmuster und Nadeln verteilen und schließe zur Runde. Nach dem Bündchen drehe ich die Strickrichtung.
    Das ist (für mich) so einfacher und nicht son getüddel.
    Liebe Grüße von Ulli

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