Färben mit Pflanzen und Pilzen. Ein Erfahrungsbericht.

Beim letzten örtlichen Stricktreff stand plötzlich ein Körbchen mit allerlei selbstgesponnenem und selbstgefärbtem Garn in grandios harmonischen Pflanzen- und Pilzfärbungen auf dem Tisch. Leuchtendes Gelb vom Rainfarn, unglaublich schöne Grüntöne der Schilfblüte. Dazu ein warmes Orange, das dem Kiefern-Braunporling entlockt wurde.

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Dass ich mich kaum mehr zu beruhigen vermochte, versteht sich da ja von selbst, nicht wahr? So kam es, dass ein gemeinschaftlicher Termin zum Pflanzen- und Pilz-Färben im schönen Darß-Museum vereinbart wurde; ich verbrachte die folgende Tage damit, Stränge aus DROPS-Garn zu wickeln, Altbestände an selbstgesponnenem ostfriesischem Milchschaf-Garn zu suchen und Malabrigo-Schätze vorzubereiten.

Das Färben mit Naturmaterialien vorzubereiten bedeutet es zu beizen. Wo man beim Färben mit Säurefarben einfach nur mal eben in Essig oder Zitronensäure einlegt, will hierfür das Färbegut bestenfalls über Nacht in der Beize liegen. Mir wurde zu Kaltbeize AL geraten, die ich mir auch artig besorgt (Google!) und angesetzt habe.

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Bis zum Färbetag habe ich mich ein wenig mit den Pflanzen beschäftigt, die wir zum Färben nehmen würden und durfte zu meiner Freude feststellen, dass sowohl die Schilfblüte als auch der Rainfarn in Unkrautmanier rund ums Haus wachsen und gedeihen. In meinem kleinen Garten habe ich dann noch Färberknöterich geerntet, dessen Blätter Indigo bereithalten. Dies hatte uns neugierig gemacht und wir wollten mit einigen Blättern meiner jungen Pflänzchen einen Versuch starten.

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Im Museum konnte ich mir dann noch ein Bild vom Kiefern-Braunporling machen, den ihr hier hinter dem herrlich gelben, reichlich stinkenden Rainfarn sehen könnt.

Damit man nach dem Färben nicht allerlei Stängelchen und Blütenreste aus dem Garn zupfen muss, kann man die Pflanzen einfach in kleine Wäschesäckchen packen.

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Hier schneiden wir gerade die Schilfblüte und den Rainfarn zurecht.

Im Anschluss legt man die gebeizte Wolle ins bereits heiße oder noch kalte Wasser ein, Säckchen drauf, Deckel drauf und Platte an. Bitte achtet darauf, dass nur trockene Wolle ins heiße Wasser gelegt werden kann. Wenn man sie frisch aus der Beize holt, dann sollte sie ins kalte Wasser gelegt und langsam erhitzt werden, damit sie nicht filzt.

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Die Idee mit den elektrischen Kochplatten ist übrigens genial. Warum sich die Küche einsauen, wenn man es auch einfach draußen machen kann? Wenn das Wasser zu kochen beginnt, wird die Hitzezufuhr gedrosselt, sodass es stets siedet. Immer wieder umrühren, damit sich die Pigmente gleichmäßig im Topf verteilen können.

Nun, und dann könnt ihr euch einen Kaffee kochen, ein Stückchen Kuchen essen, nett schnacken und eben ab und an umrühren und schauen, dass das Wasser stets siedet. Wenn die Farbe der Wolle den Vorstellungen entspricht, nimmt man sie raus, lässt sie auskühlen und spült sie anschließend gut durch, bis das Spülwasser klar ist. In den Topf kann direkt die Wolle für den zweiten Zug gegeben werden. Nicht vergessen: Nur trockene Wolle ins heiße Wasser geben, andernfalls müsst ihr das Wasser erst auskühlen lassen.

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Besonders spannend fand ich die Entwicklung im Schilfblüten-Topf. Während die Wolle einen Gelbtön angenommen hatte, war das Färbewasser rot! Später wandelte sich die Farbe der Wolle dann zum erwarteten Grün. Je nach Material war dies ein schön kräftiges Grün, im zweiten Färbegang dann etwas heller.

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Wir haben noch einen zweiten Topf mit weit weniger Schilfblüte angesetzt, aus dem ich dann eine noch hellere Variante des Tons herausholen durfte, und somit eine fantastische Abstufung auf der DROPS Alaska erreichen konnte. Auch der Kiefern-Braunporling hat sich als prima Kumpel gezeigt. Verzeiht man ihm seine Krümel, die es später auszuspülen gilt, schenkt er einem herrlich karamellige Braunorange-Töne bis hin zu einem leichten Karamell-Sahnebonbon-Beige im dritten Zug.

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Wir haben hier die Malabrigo Rastita gefärbt und der viel zu volle Topf brachte spannende Farbspiele innerhalb der einzelnen Stränge hervor. Der mittlere Strang badete in der Schilfblüte und ich bin wirklich gespannt, was die liebe Steffi aus diesen drei Schönheiten zaubern wird. Bestimmt wird sie uns ein Foto davon machen lassen.

Der Rainfarn bescherte uns Gelb. So wunderschönes, leuchtendes Gelb! Wir haben drei Züge, also drei Färbevorgänge, im selben Topf gemacht und jedes Gelb war wundervoll. Von kräftig bis ganz zart – herrlich.

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Zu sehen ist sie hier auf DROPS Merino Extra Fine und weiter oben bei der Schilffärbung auf schöner selbstgesponnener Wolle der lieben Christiane.

Und dann war da noch der Blau-Versuch. Die Blätter des Färberknöterich sollten ihre blauen Pigmente anhand einer Kaltfärbung an ein bisschen Wolle und ein Seidentüchlein abgeben. Hierfür werden die Blätter geschnitten, im Essigwasser geknetet, abgeseiht und im Anschluss nochmals im Tuch geknetet, bis das Färbebad schön grün wird. Das Färbegut wird dann ins kalte Wasser eingelegt und nach etwa einer Stunde, in der immer und immer wieder bewegt wird, verwandelt sich das Grün zunehmend in Blau. So zumindest die Theorie.

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Meine mageren 25 Gramm, die ich meinem kleinen Pflänzchen abringen konnte, ohne dessen direkten Tod zu verursachen, reichten natürlich hinten und vorne nicht, aber unser Versuch zeigte zumindest, dass die Blaufärbung auf diese Art und Weise tatsächlich möglich ist – die entsprechende Menge eben vorausgesetzt.

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In unsere Fall hat es jedoch nur für einen Hauch von Hellblau gereicht, faszinierend finde ich es aber allemal und überlege, wo ums Haus herum man sonst noch Färberknöterich anpflanzen könnte, um im nächsten Jahr so richtig damit aasen zu können.

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So sah nun das Gesamtbild unserer Aktion aus. Voller Faszination über die schier unfassbare Harmonie pflanzengefärbter Garne war ich nach Hause gegangen. Mein Liebling des Tages war die in Abstufungen gefärbte Alaska. Hat jemand eine tolle Idee für diese sagenhaft schönen 300 Gramm? Vielleicht ein Jäckchen zusammen mit Natur?

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Ein paar Gedanken noch, die ich aus diesem ersten Versuch des Färbens mit Pflanzen und Pilzen mitgenommen habe:

  • mache den Topf nicht zu voll, wenn du eine gleichmäßige Färbung willst – das Färbegut sollte sich gut bewegen können
  • man kann die Färbeküppe ruhig mehr als zweimal verwenden; auch ein dritter Zug kann interessante, schwächere Färbungen hervorbringen
  • getrockneter Pilz bröselt, die Krümel gehen beim Spülen, spätestens aber nach dem Trocknen wieder raus
  • Seidentücher brauchen viel Platz, wenn du keinen Batik-Effekt erzielen willst

Wie ihr euch sicherlich denken könnt, sehe ich seit jenem Tag Straßenrandblümchen, Baumpilze, Rinden und Pflanzen im Allgemeinen mit anderen Augen. Welche Färbungen sich daraus wohl ergeben würden? Ob diese Pflanze wohl zum Färben geeignet wäre? Es gibt einen Pilz, der Lila färbt! Lila! Der will eindeutig noch von mir gefunden werden.

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Kommentare

  1. Von Christina am 19. August 2016:

    Geniale Farben, toll geschrieben – macht Lust auf den Selbstversuch! Es beweist zudem mal wieder, dass die Natur uns alles bietet was wir uns nur wünschen können!

  2. Von Nora am 19. August 2016:

    Sooo schön 🙂 Meine Kaltbeize müsste auch heute ankommen. Und mein erster Färbeversuch wird mit Avocadoschalen gemacht. Auf Heimatbaums Blog erschien die Tage ein schöner Bericht für das Färben mit Avocado. Ein wunderschöner zarter Pfirsich/altrosaton kam heraus. Ich freue mich schon tierisch drauf!

  3. Von Kathi am 23. August 2016:

    Das Gelb gefällt mir gut. Prompt fallen mir die Pflanzen auch bei uns am Straßenrand auf, man sieht plötzlich mit anderen Augen.
    Ob man die Farben auch miteinander mischen könnte?
    Selber färben reizt mich zwar nicht, aber schöne Fotos frisch gefäbter Wolle auf der Leine anschauen, das wohl 😉

    • Von Carolin am 25. August 2016:

      Hi Kathi,
      oh ja, klar! Ich habe – ganz zum Schluss – noch in einen Topf auf der einen Seite die Schilfblüte und auf die andere Seite den Kiefern-Braunporling gepackt. Ergab einen zweifarbigen Strang, auch das geht. Allerdings waren die beiden schon recht ausgekocht, sodass nicht mehr viele Farbpigmente rauskamen. Aber mal so alles in ein Säckchen packen könnte auch spannend werden!
      Liebe Grüße,
      Carolin

  4. Von Gaby am 24. August 2016:

    Das Färben mit Pilzen und Pflanzen gefällt mir auch sehr gut. Leider habe ich noch keine Versuche gemacht. Die Fotos machen aber Lust auf tolle Wollstränge.
    Ich habe ein schönes Buch über das Färben mit Pilzen von Karin Tegeler: Leitfaden zum Färben mit Pilzen. Es ist bei ihr im Selbstverlag erschienen.

    • Von Carolin am 25. August 2016:

      Oh ja, dieses Buch wollte ich mir auch noch zulegen, unsere Dame im Museum hat mir das gezeigt. Danke für die Erinnerung! Liebe Grüße, Carolin

  5. Von Madame Flamusse am 05. November 2016:

    wunderschön das grün

  6. Von Llydana am 09. Februar 2022:

    Ich habe zum Färben auf dem Balkon (kein Garten vorhanden) einen großen Einkochtopf, wie man ihn auf dem Weihnachtsmarkt für Glühwein sieht. Er braucht nur einen Stromanschluss hat auch für größere Färbeprojekte Platz und verfügt über eine eigene Temperatureinstellung. So kann man das Färbegut wunderbar ins kalte Wasser einlegen und dann ganz langsam hochheizen.

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