Da sind wir also losgegangen, auf unserem zwölf Etappen langen, selbstgebastelten Strick-Pilgerweg. Immer nach Westen. Sonst würde es ja wohl kaum #GoWestLanade heißen 😉 Auf meiner ersten Etappe hatte ich fünf Farben Malabrigo Lace dabei. Auf Nadeln mit 3,75 mm war ich doppelfädig unterwegs. Und gesehen habe ich so einiges, auch gelernt ein bisschen. Asymmetrisch, aber nicht allzu abgefahren, sehr tragbar und so charmant, dass es bereits einige Wiederholungstäter gibt – das ist der Samen.
Wer den Samen strickt, denkt eigentlich die meiste Zeit über Farben nach. Welche wähle ich? Ton-in-Ton oder leuchtend bunt? Oder vier neutrale Farben und einen Hingucker? Oder noch anders? Zum Glück gibt es ja Ravelry, da kann man sich vorab schon mal erschöpfend anschauen, welche 483 Farbkombinationen schon probiert wurden und wie die im Endergebnis wirken, bevor man sich selbst ins Getümmel stürzt.
Die Malabrigo Lace, von der lieben Francy schon letztes Jahr genauer unter die Lupe genommen, ist übrigens mit ihrer vollendeten Weichheit und ausschweifenden Farbpalette allerbestens geeignet. Doch auch Malabrigo Silkpaca, Sock und Mechita, sowie DROPS Lace und DROPS Alpaca machen sich wunderbar bei diesem Projekt.
Und wenn man sich dann entschieden und seine fünf Schätzchen endlich vor der Nase hat, geht es weiter: Womit fange ich an? Und wie geht’s dann weiter? Sehr philosophisches Design 😉
Ich will nicht behaupten, dass ich die Mechanismen im Farbspiel des Samens vollständig begriffen habe, und möchte auch niemanden um eigene Kombinations-Ribbel-Neukombinations-Spielchen bringen. Aber da er immer wieder gern gestrickt wird, will ich euch zukünftigen Pilgern ein paar meiner eigenen Erkenntnisse dalassen. Vielleicht hilft es ja irgendwann irgendwem, wer weiß?
Also, beim Samen werden die Farben nie einzeln verstrickt, sondern immer doppelfädig mit einem ihrer Nachbarn gemischt. Die Reihenfolge lautet praktischerweise AB—BC—CD—DE—EA und so weiter. Wenn ich meine Farben also im Kreis hinlege, sehe ich schon, welche Kombinationen auftreten werden. Denn jede Farbe wird erst mit ihrem rechten und dann mit ihrem linken Nachbarn gemischt.
Ähnliche Farben in direkter Nachbarschaft ergeben optisch eine homogene Mischung, die schon aus ein paar Zentimetern Entfernung aussieht wie eine neue Farbe. Liegt aber eine sehr helle neben einer viel dunkleren Farbe, wirkt das Ergebnis meliert. Wenn ich mir das nicht richtig vorstellen kann, hole ich (Profitipp!) ein Stück Faden aus den zwei Knäueln und verdrehe sie miteinander. Das gibt einen ganz guten Eindruck.
Aufeinanderfolgende Kombinationen dürfen wild sein, sollten sich aber voneinander unterscheiden, sonst fließen die einzelnen Abschnitte ineinander und man erkennt den Aufbau nicht mehr. Beispiel? Wenn ich zwei sehr ähnliche Farben habe und sie als A und C verwende, dann werden AB und BC sehr ähnlich aussehen und nicht gut voneinander zu unterscheiden sein.
Besser ist es, die ähnlichen Farben direkt nebeneinander zu legen. Und noch eine Falle: Auf der linken Seite des Tuches kommen die Kombinationen in der oben genannten Reihenfolge. Rechts aber fehlen die Glatt-rechts-mit-Löchern-Keile. Hier folgt auf AB dann CD, dann EA und BC und so weiter. Diese Kombinationen sollten einander also auch nicht zu ähnlich sein.
Ja, ich habe zweimal geribbelt, bis ich das verstanden habe. Und ja, man kann auch einfach ein kleines Probestück stricken, dann weiß man es genauer. Vielleicht nächstes Mal 😉 Der Ansatz, die Farben nach den enthaltenen Buchstaben quasi per Schicksal zu verteilen, war übrigens nicht ganz so elegant, wie ich mir das vorgestellt hatte. Mist aber auch!
Meine liebste Lieblingskombination habe ich auf die Position geschubst, die am Ende den breitesten Streifen stellen würde. Und die eine Kombination, die ich nicht so gern mochte, die habe ich einfach weggeschummelt und stattdessen zwei Abschnitte mit zwei Fäden derselben Farbe gestrickt. Dabei musste ich natürlich aufpassen, dass ich mit der Gesamtmenge trotzdem noch hinkomme, denn der Verbrauch ist knapp kalkuliert.
Da die Lace-Weight-Version aber für meine Begriffe gigantisch groß wird, wollte ich ohnehin die etwas kleinere Fingering-Weight-Version stricken und hatte ein bisschen Luft. Auch wenn die absolute Schonimmerallerlieblingsfarbe unter den fünf auserwählten ist, sollte man erwägen, ihr einen eigenen Keil oder Kraus-rechts-Streifen einzuräumen, damit sie auch mal in Reinform scheinen kann. Wo am besten? Na, wo es passt, natürlich. Erstmal losgehen und gucken, wo man so hinkommt. Ribbeln kostet nichts 😀
Erkenntnis der Etappe: Bunt ist schön und wer das System versteht, kann besser schummeln.
Modell: „Samen“ von Stephen West
Größe: Fingering weight version
Garn: Malabrigo Lace (doppelfädig). Je ein Strang 11 Apple Green, 35 Frank Ocre, 135 Emerald, 4 Sapphire Green und 160 Verde Esperanza.
Nadel: KnitPro Nova Rundnadel 3,75 mm
Applaus Applaus… Was freu ich mich über den tollen Artikel über den Samen!
Und nachdem hoffentlich morgen das grüne Paket eintrudelt, und alles fein säuberlich gewickelt ist, werde ich mich mit Hilfe der Tipps gleich ans Werk machen…
Ich finde deine Kombination sehr gelungen, Frühling lässt grüßen… Ich dagegen werde ganz zaghaft in blau grau grün starten.
Und wenn das Schmuckstück fertig ist, wird der Zweite auch mutiger!
Zufällig weiß ich, dass deine Farbkombi wunderschön ist Anike 😉 Das Tolle am Samen ist ja, dass er in allen möglichen Spielarten fantastisch aussehen kann <3 Viel Spaß wünsch' ich dir!
Hallo Antje,
was für tolle Farben!!
Sind genau Meins, würden mir aber mit meinen weißen Haaren sicher nicht so gut stehen wie dir.
Aber auch der Pulli, den du dazu trägst, gefällt mir super (auch wenn man nur den Ärmel sieht) von Farbe und Muster her…darf ich fragen, welche Anleitung und welches Garn das ist (in welcher Farbe)?
Danke für den tollen Post und liebe Grüße
Eva
Das müsste der Cinecitta sein, den Antje auch schon mal im Blog vorgestellt hat.
http://www.ravelry.com/projects/FortuneKnitMe/cinecitta
Danke Eva 🙂
Den Pulli hat Bettina ja schon richtig verlinkt (danke dir auch ;))
Hallo Antje,
es ist immer total erfrischend, Deinen Blog zu lesen (auch den von Carolin!) und macht immer Lust auf neue Einkäufe!
Danke Angelika 🙂
….bei der Lace haben wir jetzt auch gerade die Regale wieder aufgefüllt O:-) Nur zu… 😉
Es macht einfach Spaß, deine kleinen Geschichtchen zu lesen und den feinen Humor zu spüren. Und deine Strickkunstwerke sind jedes für sich eine Quelle der Inspiration.. Die Farben sind einfach umwerfend und man bekommt Lust auf Frühling.. Jetzt und sofort..
Hach Doris, das geht ja runter wie Öl 😀 Danke dir <3
Danke für diesen Artikel. Da dieses Projekt eigentlich für Januar noch in der appelliert steht und ich somit hintendran bin, hilft dies immens für die Farbplanung! Danke dafür!
Prima! Na dann wünsch ich dir viel Spaß beim Zusammenstellen und Ausprobieren, liebe Christiane 🙂
Liebe Antje,
es ist ein toller Samen geworden, bei den Farben denke ich an Frühling-den Start in die Gartensaison, endlich wieder Farbe nach dem tristen kalten Winter. Das Tuch ist freundlich,lacht einen an und erinnert mich an meine Lehrzeit,wo wir solche Verknüpfungen mit Fäden der einzelnen Farben machten,das ist leider schon sehr,sehr lange her. Du hast das super gemacht aber genau so gut erklärt. Dein Pullover paßt prima zum Tuch und schick mit dem Muster am Arm.
Danke Petra 🙂 Freut mich, dass ich dir eine schöne Erinnerung zurückholen konnte 🙂
Liebe Antje, meine Freundin hat sich voll in Deinen Samen verliebt und ich will ihr den zum Geburtstag schenken. Bekommst du noch deine Farbkombi hin, ich hab schon hin und her getestet. Und kannst mir die mitteilen, deine Farben hsb ich bereits hier! Bevor ich den nich 5 mal neu anfange. Das wäre super!
Wunderschön , darf ich fragen welche Farben das sind?
LG
Ayten
Na klar, es steht ganz unten im Beitrag:
“Garn: Malabrigo Lace (doppelfädig). Je ein Strang 11 Apple Green, 35 Frank Ocre, 135 Emerald, 4 Sapphire Green und 160 Verde Esperanza.”