Ach Kinder, ist das schön, wieder bei euch zu sein! Wie lange war ich jetzt weg, ein Jahr? Ich glaube, ich habe durch Lockdowns & Co. schon alles Zeitgefühl verloren.
Vielleicht lag es auch am Lockdown, dass ich im letzten Jahr ein bisschen die Lust am Stricken verloren hatte. Schockierend, ich weiß. Hätte ich auch nie gedacht, dass mir das mal passieren könnte.
Aber nachdem aus „Kann ich endlich heimgehen und stricken?“ ein ständiges Zuhausesein geworden ist, hat mich Wolle einige Monate so gar nicht mehr begeistern können. Als diese Phase vorbei war und ich wieder Lust hatte, eine Nadel in die Hand zu nehmen, stellte ich fest: Mein Wollvorrat ist ja doch recht groß. Also auf ihn mit Anlauf und Gebrüll!
Zu dieser Zeit stieß ich praktisch in allen Ecken des Woll-Internets immer wieder auf das gleiche Strickmuster, das einfach perfekt für Stash-Abbau, Einzelknäuel und Reste ist: Den Sea Glass Sweater von Wool & Pine! (Anmerkung der Redaktion: Die Anleitung gibt es auch in deutscher Sprache.)
Dieser schöne Pullover, den irgendwie jeder zu stricken schien, wirft Farben und Färbungen aller Art zu einem harmonischen Gesamtbild zusammen, indem in jeder Runde zwei Garne immer abwechselnd mit je einer Masche verstrickt werden … und jede Runde werden die Garne gewechselt.
Das Ergebnis sieht toll aus. Aber nach meiner langen Pause wollte ich erstmal klein einsteigen und habe die Mützenversion aus etwas dickerem Garn gestrickt.
Ein paar British Blue Minis von Erika Knight, ein Einzelkind Sandnes Kos und jede Menge Reste Malabrigo Rios sind hier rein gewandert. Die Fadenenden habe ich auf Empfehlung der Designerin direkt miteinander verknotet und abgeschnitten, um hinterher nicht alles vernähen zu müssen. Das geht ganz einfach mit dem magischen Knoten – auch bekannt als Frankfurter Knoten.
So war die Mütze fix gestrickt und ich habe folgende Aha-Momente gesammelt:
- Das Muster ergibt ein total schönes, gleichmäßiges Strickbild, weil die Spannfäden so kurz und gleichmäßig verteilt sind.
- Das Muster strickt sich auch viel schneller als andere Jacquardmuster und macht richtig Laune.
- Die Knötchen sind Murks. Keins von ihnen wollte brav auf der Innenseite der Mütze bleiben, sie haben sich alle auf die Außenseite geschoben wie wollige kleine Mittelfinger. So nicht, Freundchen!
Ich war halb verliebt, halb frustriert. Das Muster hat mir so viel Spaß beim Stricken gemacht und sieht am Ende so gut aus, wie kann man das ohne Knötchen haben? Die Antwort ist natürlich: Mit selbstmusterndem Garn!
Ein geeigneter Kandidat war nach kurzer Suche im Lanade-Vorrat gefunden: Lang Yarns Super Soxx Color 4-fach in der Farbe Madrid, ein Sockengarn mit sehr kurzen, scheinbar chaotisch gemischten Farbabschnitten.
Ja ich weiß, ich wollte eigentlich meinen Stash abbauen und nicht noch mehr neues Garn anschaffen. Aber für euch habe ich dieses schwere Opfer auf mich genommen. Und ein einfarbiges Kontrastgarn für dieses Projekt kam immerhin auch in Form eines zerdrückten, namenlosen Sockenwollknäuels aus meinem Vorrat, also bitte.
Gestrickt habe ich ganz einfache Stulpen, die ich im Winter gerne als Ärmelverlängerer trage. Doppelt gelegtes Bündchen in glatt rechts, dann ohne Zu- oder Abnahmen runtergestrickte Schäfte, ein Rippenbündchen, fertig.
Die gemusterte Super Soxx habe ich gar nicht erst in zwei Knäuel gewickelt, sondern von beiden Enden her gleichzeitig verstrickt und die Farben einfach ihr Ding machen lassen. Keine Knoten mitten im Strickstück, keine hunderttausend Fadenenden. Herrlich!
Das Ergebnis ist so gut, dass es geplant sein könnte. Noch harmonischer als bei der Mütze, trotzdem mit einem gewissen Zufallsfaktor in der Farbverteilung. Beide Stulpen sehen unterschiedlich aus, gehören aber eindeutig zusammen. Und sie waren so schnell gestrickt, dass ich gar nicht aufhören wollte. Habe ich auch nicht.
Die nächste Frage, die ich mir gestellt habe, war nämlich: Was passiert wohl, wenn das selbstmusternde Garn nicht chaotisch, sondern in gleichmäßigen Streifen gefärbt wäre? Auch dafür ist mir rein zufällig ein Kandidat in die Hände gefallen: Kremke Soul Wool Lazy Lion, Farbe Deep Water. Dieses Garn kam natürlich auch aus meinem persönlichen Wollvorrat. Es wusste nur noch nichts davon und hat noch bei seinen Freunden im großen Lanade-Lager gelegen.
Hier habe ich genau darauf geachtet, immer zwei Farbabschnitte zusammen im Sea Glass-Muster zu verstricken: Dunkelblau mit Türkis und Olivgrün mit Braun. Das ergibt eine sehr interessante Variation des klassischen Streifenmusters, sozusagen Understatement-Jacquard. Sehr weit weg vom ursprünglichen Design des Sea Glass-Sweaters, aber sehr schön!
Ich sehe schon, ich muss den Pullover doch noch eines Tages stricken. Welche Variante findet ihr dafür am schönsten, die mit den vielen Restchen, die mit dem selbstgemusterten Garn mit kurzen Farbabschnitten oder die gestreifte Variante?
Hallo Nina,
danke für die wunderbaren Anregungen!
Bei mir fristet die Anleitung schon lange ausgedruckt ein einsames, dunkles Dasein-sogar das Garn habe ich schon…aber mein erster Versuch missfiel mir zu sehr.
Nun kann ich mir aber Socken vorstellen oder oder oder…Danke!
Und: Du willst nicht ernsthaft wissen, welches Teil das Schönste ist??? Jedes!!
Hallo Nina , schön von dir zu hören . mir persönlich gefällt die Streifenvariante sehr gut .
Doch auch die Restemütze hat was und Stashabbau ist schon was gutes .LG Claudia
Hallo Nina,
es ist so schön wieder einen Beitrag von dir zu lesen! Deine Art zu schreiben und dein Humor sind einfach großartig.
Alle drei Modelle sind super hübsch geworden! Wobei ich die Stulpen aus Kremke Soul Wool am edelsten finde. Ich denke, wie immer kommt es auf den zukünftigen Empfänger bzw. Träger an.
Aber egal ob Mütze, Pulli oder Stulpen, auf jeden Fall eine super Resteverwertung (oder ein gutes Argument um neue Wolle zu kaufen 😉 )
Und tatsächlich kannte ich die Anleitung noch gar nicht . Danke dir dafür!
Gruss,
Steffi
Ich bin ja total fasziniert, dass die Reste-Variante nicht völlig chaotisch überladen wirkt sondern wirklich harmonisch bunt. Vielleicht wäre das das richtige Muster für den Pulli aus Sockenwoll-Resten der mir schon seit Jahren im Kopf herumschwirrt…
Hallo Nina , schön, mal wieder etwas von dir zu lesen! 🙂
Deine 3 Varianten sind so unterschiedlich, da könnte (oder wöllte) ich mich gar nicht entscheiden, welche ich schöner finde.
Hallo Nina,
Danke für den tollen Bericht, er hat mich inspiriert, auch so eine Mütze zu stricken, zum Stash-Abbau…. normalerweise bin ich ja diejenige, die nur mit einer Farbe pro Reihe strickt, mit mehreren verzieht es mir das Maschenbild und es ist eine ziemliche Fummelei. Aber ich probier’s mal. Alternativ kann ich mir auch vorstellen dass es mit Hebemaschenmuster auch gehen müsste. Jede Reihe eine neue Farbe und abwechselnd eine stricken, eine abheben und in der nächsten Reihe das ganze versetzt. Ich finde übrigens deine drei Varianten alle super!
Und bei der Gelegenheit wollte ich euch alle mal loben, ihr schreibt so einen tollen Blog, so viele tolle Ideen, so viele bebilderte Hilfen, ihr habt mein Stricken auf ein neues Level gebracht. Weiter so und gerne auch öfter
Hallo Sabine, ich habe es mit hebemaschen gemacht, nachdem ich mit der in der Anleitung angegebenen Art mir fast die Finger gebrochen hätte. Viel einfacher und genauso effektiv.
Immer eine handbreit Faden an der Nadel!
Sigrid
Die Armstulpen sind wunderschön! Auch die Idee, beide Fäden aus einem Knäuel zu nehmen. Danke für die Anregung. VG Chris