Gönnt euren Kindern mal ein langes Wochenende ganz alleine mit Papa im Tobeland, bucht euren Ehemännern ein Überraschungs-Kanu-Wochenende, schickt eure Partnerin zu einer Gipfelbesteigung und/oder lasst für ein paar Tage einfach mal alles stehen und liegen. Wozu? Um bunte Wolle zu machen!
Wichtig hierfür: Ein/e gute/r Freund/in – ebenfalls losgelöst von allen vermeintlich störenden Faktoren – und die richtige Küche. Je nach Zustand, Eigentumsverhältnis und Penibilität des jeweiligen Lebenspartners sollte man hier eine Weile in sich gehen und überlegt entscheiden. Wessen Partnerschaft ist resistenter hinsichtlich bunt gesprenkelter Wandfließen? Wessen Arbeitsplatte könnte abgeschliffen werden? Wessen Küchenfronten brauchen einen Grund zur Erneuerung? Wo passen mehr Töpfe auf den Herd?
Auch Antje und ich mussten uns diesen Fragen stellen, konnten uns dann aber zu Pfingsten kopfüber in den weltbesten Farbenrausch stürzen. Und glaubt mal nicht, dass der Spaß erst mit den lustig anzuschauenden Atemschutzmasken und beschlagenen Brillengläsern beginnt! Wie bei diversen MKALs geht’s auch hier bereits Wochen zuvor los:
„Ich hab’ die Farben bestellt“ — „Oh! Meinst du, wir brauchen so Spritzen? Ich besorg’ mal welche“ — „Bringst du ’nen Topf mit, meinen zweiten brauch’ ich noch zum Essen machen“ — „Schau mal, ich habe heute 400 Gramm DROPS Merino Extra Fine zum Strang gewickelt“ — „Hast du das Video zum Specklen schon angeschaut?“ — „Hast du jetzt nur die Grundfarben bestellt oder auch die anderen?“ — „Ich habe übrigens keine Ahnung von den Mischverhältnissen, du?“ — „Denkst du, vier Kilo Wolle reichen für den ersten Abend?“ — „Ich freu’ mich so!“
Und dann ging’s endlich los. Abends um halb elf. Wir waren wohl ein wenig sehr vorfreudig. Und während ich innerhalb weniger Minuten in den absoluten Schneller-Größer-Bunter-mehr-Wolle-die-auch-noch-OMG-Rausch verfiel, zeigte sich bei Antje eine ganz andere Art Färberin – die Genussköchin. Da wurde gewendet, angehoben, verfeinert, Farbe angerührt, nochmals gebadet. In einer absolut bewundernswerten Ruhe und Gelassenheit, die ich am Rande meines Wahns lediglich als angenehmen Ruhepol wahrnahm.
Bereits in der ersten Nacht brachten wir so jede Menge bunten Kram auf die Leine, den wir am folgenden Morgen freudig bestaunen konnten, sind doch in der Nacht irgendwie alle Farben beleuchtungsgelb.
Für die kommenden Färbe-Tage hatte jeder so seine eigenen Pläne und Gedanken, wir wechselten Färbe-Pott und -Wok ab, machten irre Versuche beim Specklen (mein persönliches Hauptanliegen) und durften feststellen, dass sich selbst völlig fragwürdige Färbungen plötzlich, ganz schwanengleich, als Schönheit entpuppen konnten.
Einige Stränge waren „Staubsauger“. Mini-Stränge, die wir für jedweden Pigmentüberschuss heranzogen, unabhängig davon, welche Farbe da schon dran geraten war. Am Schluss nochmals in einen beliebigen Farbpott geschmissen, erhielten wir ein paar spektakuläre Multicolorfarben, die in diesem Leben niemand auch nur annähernd nachproduzieren könnte.
An dieser Stelle mal Hut ab vor Malabrigo, die bei ihren Multicolorfarben – all dem Geschrei um die Unterschiedlichkeit einer Arco Iris oder Anniversario zum Trotze – zumindest tendenziell zusammengehörige Farbfamilien schaffen.
Wenn ihr euch auch mal an die Töpfe wagen solltet, denkt daran, tolle Effekte kann man auch mit vorgefärbten Garnen erzielen. Graue oder auch beigefarbene Garne (ob nun selbst oder bereits vorgefärbt) fördern völlig andere Ergebnisse zu Tage. Nur allzu dunkel sollten sie nicht sein, denn, wo viel Farbe drin ist, passt nicht mehr allzu viel rein – klar.
Behaltet zudem die drei Grundfarben im Kopf. Wie damals in der Schule mit dem Farbkasten, ihr erinnert euch sicher: Am Ende ist’s braun. Schon wieder. Und noch mal. Achtet peinlichst genau darauf, dass ihr immer nur zwei Grundfarben gleichzeitig zusammenbringt – ausnahmslos! Ihr könnt, nein, solltet sogar, dieses Ergebnis mal mit der dritten überfärben, aber eben nicht im selben Färbevorgang.
Wenn ihr Glück habt, färbt ihr mit einer/m Freund/in, die völlig andere Farbwelten verehrt, wie ihr selbst. Zum einen erweitert sie damit euer persönliches Spektrum um die vielen, bezaubernden Möglichkeiten mit Farben, die euch selbst nur versehentlich in die Finger rutschen. Zum anderen gibt’s im Nachhinein bei der Aufteilung der Wolle ganz klare Favoriten – für beide.
Was also haben wir gelernt in diesen paar sehr intensiven Tagen:
- binde niemals mit Merino-Wolle ab, wenn du nicht eine besondere Affinität zu Wollkotze hast
- binde immer ausreichend oft ab
- binde nicht zu fest ab, sonst erhältst du fiese, weiße Stellen
- Zitronensäure macht dasselbe wie Essig, stinkt aber nicht … also gar nicht
- lasse die Stränge lange genug im Säurebad – schlecht eingeweichte Stellen nehmen die Farbe schlecht an
- kochendes Wasser ist echt sau heiß
- benutze niemals alle drei Grundfarben gleichzeitig, wenn du kein Braun willst: es wird immer braun, immer; ja, auch mit weniger als einer Messerspitze der dritten Farbe
- Mini-Stränge sind perfekte Pigmentstaubsauger, wenn noch zu viel Farbe rumschwimmt, habe genügend vorrätig
- hässliche Ergebnisse sammelst du und wirfst sie einfach in eine andere, notfalls schwarze Färbelösung – da kann überraschend Spannendes bei rauskommen
- du willst wirklich nicht mehr im Färbetopf Nudeln kochen
All jenen, denen unsere Färbereien Lust gemacht haben, kann ich zur Vorbereitung die Videos von HueLoco empfehlen. Auch Chantimanou bietet einiges zum Thema an und bei beiden erfahrt ihr auch jede Menge zur Vorbereitung und den benötigten Materialien.
Und ja, es gibt viele, viele Techniken, viele, viele Farbhersteller und Möglichkeiten. Dieser Blogbeitrag ist also weder allumfassend, noch sonderlich professionell, er soll euch einfach nur an unseren Erfahrungen teilhaben lassen und vielleicht ein bisschen Mut machen, sich selbst mal die Küche einzusauen.
Die Fakten in Kürze:
- Womit? Ashford Säurefarben (einfach mal googlen)
- Worin? In Edelstahl-Topf und -Wok (im Küchenschrank schauen)
- Was? Vorab gewickelte Stränge diverser Wollen (Tierische Fasern!)
- Welche Vorbereitung? Vor dem Färben mindestens 15 Minuten in Essig oder Zitronensäure
- Verwendete Techniken? „Speckles“ mit Pulver im Wok — „Rein in den Pott“ — „Auch noch drauf“ — „Mach den mal hier noch mit rein“ — „Ich kann dein Schälchen hier im Topf mit auswaschen, habe gerade so oder so was Grünliches drin“
Ganz wunderbar! Da muss ich doch gleich mal schauen… hab ein paar kleine Tütchen Farbe hier rumliegen.
Und? Schon gepanscht? Hab viel Spaß damit und zeig und mal deine Ergebnisse! Liebe Grüße, Carolin
Absolut toller Beitrag…..eine Frage hab ich dennoch: sind alle Garne im Vorfeld Natur oder Weiss (Drops Wolle Merino und oder Fabel)?? Ich werde es vorab mal mit Coolaid versuchen oder Ostereier Farben Danke für die Inspiration!!!
Hallo Bee, wir hatten ganz verschiedene Grundfarben. Vorwiegend natur, ein paar weiße waren auch dabei. Dann noch ein bisschen beige, ein bisschen grau. Das ergibt interessante Varianten und gerade, wenn man warme Farben mag, ist beige eine gute Basis. Ostereierfarben gehen auch gut, allerdings war mir die Auswahl da immer zu gering. Ich habe meine ersten Färbeversuche mit Lebensmittelfarbe gemacht und sehr schöne Ergebnisse erzielt, die auch farblich sehr haltbar sind. Allerdings bevorzuge ich nun definitiv Pulver, falls du vor der Frage stehst, ob flüssig oder in Pulverform.
Viel Spaß damit!
Viele Grüße,
Carolin
Ooohhh, damit rennt ihr bei mir ja offene Türen ein! Ich habe schon ewig Farben hier stehen, Atemschutz und Schutzbrille liegen bereit, Färbegarne auch. Ich muss nur noch den Topf klarmachen und Mann plus Tiere ausquartieren ;-).
Traumhaft, was ihr da gezaubert habt, ein wahrer Farbflash! Gerade die gespeckelten Stränge reizen mich sehr und die blauen und die grünen und…naja, die anderen eigentlich auch :-D. Es klingt auf jeden Fall nach viel Spaß und versauten Küchen. Danke für die Inspiration!
Huhu Christina, na, dann mal ran an die Töpfe! Und der Mann kann ja auch helfen, wenn er sich nicht ausquartieren lässt 😉
Speckles machen ist wirklich ne tolle Sache. Ufert zeitweise in Übermut, aber #moreismore and #lessisabore, nicht wahr?
Liebe Grüße, Carolin
Boah wie schön! Quasi ausnahmslos! <3
Jetzt nur noch ne Ketzerfrage am Rande: Bleibt das nach dem Waschen auch so? Ich vermute jetzt mal Handwäsche, oder maximal 30°C?
Ich koch eh nicht, vielleicht sollte ich meiner Riesenküche so etwas Liebe zuteil werden lassen. Nur Kaffeekochen und Toastmachen geht prinzipiell ja auch im Bad. 😉
Hui, danke für’s Kompliment!
Und ja, die bleiben so, das ist der große Vorteil bei solchen Farben. Die sind farbecht, lichtecht und wunderbar brilliant! In die Maschine werde ich sie auch stecken, wenn es das Garn zulässt. Wenn die Farben fixiert sind, sind die fest in der Faser drin.
Die Ashford haben sogar eine Oekotex-zertifizierung. Gut, oder?
Und mal ehrlich: Deine Küche hat doch nur darauf gewartet! 😀 Viel Freude!
Liebe Grüße, Carolin
Das sieht nach jeder Menge Spaß aus 😀 Habe dieses Jahr auch zum ersten Mal gefärbt und bin restlos begeistert!
Macht total Spaß, nicht wahr? Ich finde es einfach eine tolle Ergänzung zu den Unifarben. Liebe Grüße, Carolin
Einfach tolle, wunderschöne Färbungen sind das geworden 🙂
Da werd ich echt neidisch 😉
Danke, liebe Sandra! Neidisch musst du nicht sein – selbst ist die Frau 😉 Liebe Grüße, Carolin
Schööön! Ich seh schon den Vorteil von Ashford gegenüber KoolAid: mehr Farben. Und riecht vermutlich nicht wie explodierter Gummibärchenladen.
Vorteil von KoolAid ist allerdings, dass man den Topf danach doch noch für Nudeln verwenden kann 🙂
hab ich jetzt auch wieder Lust drauf 🙂
Hallo Franzi,
oh ja, das mit dem Gummibärchenladen kann ich voll bestätigen! Ich habe vor ein paar Jahren mit KoolAid gefärbt und musste meine Stränge im Anschluss verschenken. Ich habe den Geruch nicht ertragen können. Und ganz ehrlich: Viel aufwändiger ist’s mit den Säurefarben auch nicht, man muss eben die Stränge vorab in Essig oder Zitronensäure einlegen.
Lass dir ruhig Lust machen, das macht so einen Spaß!
Liebe Grüße,
Carolin
Hallo, Ihr zwei “Färbemäuse” , Euer Beitrag ist wieder klasse, mit all den Details, was Ihr so in der Küche gezaubert habt, nicht kulinarisch sondern Farbmäßig. Es sind tolle Farben und Muster zu Stande gekommen, die mir sehr gut gefallen. Dann erst beim Stricken kommt das Farbmuster richtig zur Geltung, Na, und Spaß hattet Ihr ja auch noch ., ich glaube das ist die Hauptsache dabei
Hallo liebe Petra,
oh ja, Spaß hatten wir wahrlich jede Menge! Eine schöne Restwoche für dich! Carolin
Wo finde ich einen Link für Speckes?
LG gabi
Ich meine Speckles
Hallo liebe Gabi, ein gutes Tutorial bietet HueLoco, oben im Text habe ich einen Link drin: https://hueloco.com/pages/tutorials
Viel Spaß! Carolin
Es ist unglaublich, seit ich bei Euch kaufe, liegen bei mir noch etliche Stränge naturfarbener Schafwolle vom Finkhof.
Damit komme ich nicht weiter, bin farblich eben verwöhnt von Drops und co.
Nach diesem Beitrag muss ich mich wohl neu entscheiden und meine Hit Liste der zu lernenden Techniken ( z.B.swing) und zu erledigenden Aufträge neu sortieren.
Ich will auch färben!!!!!!
Freundliche Grüße aus Siegen
AstridA
Was für ein schöner Beitrag. Ihr sprecht mir aus der Seele.
Nur ein kleiner Tipp am Rande: wozu immer erst die Wolle zum Strang wickeln?
Einfach mal die Knäuel in den Farbtopf werfen, das ergibt ganz neue Möglichkeiten.
Liebe Grüße von einer, die die Hände auch nicht vom Farbtopf lassen kann 🙂
Susanne
Wow, da sind ja Hammer-Farben dabei!!! <3
Darf ich fragen, welche Farbe (Marke) Ihr verwendet habt?
Liebe Grüße,
Susanne
Die sind ja wunderschön…!!!
Ich habe auch schon DROPS Wolle gefärbt, Baby Alpaca Silk kommt ganz toll. Eigentlich war es bei mir eher eine Verlegenheitslösung, ich hatte so viel Seidenmalfarbe übrig, aus einem anderen Leben, als ich Seiden bemalte und die Farbe war mir immer zu schade zum wegwerfen. Fixiert habe ich in der Mikrowelle, abgedeckt unter Mikrowellenfolie 2 mal 4 min. Die Färbungen sind überraschend licht- und farbecht. Und Seidenmalfarbe geht bei mir nicht mehr aus…:-)
Liebe Grüße und viel Spaß beim weiterfärben
Heidi
Für manche Projekte sind mir die Malabrigo Garne zu teuer, zum Beispiel für Sitzkissen im Garten, die gerne 300-400 g wiegen. Nun färbe ich das Dochtgarn von Drops (Eskimo, Polaris) und komme nicht ganz an Malabrigo ran, aber es wird schon recht gut. Die Wollqualität ist natürlich auch anders, aber für manche Projekte muss es nicht super fein Merino sein.
Ich verwende Jacquard Farben und bin sehr zufrieden. Die Wolle riecht etwas nach Essig – da werde ich mir Zitronensäure als Ersatz ansehen.
Ich tue es jetzt auch. In 14 Tagen, mit meinen Cousinen. Die ältere von beiden hat viel Erfahrung und Ashford Farben. Ich soll nur Zwiebelschalen sammeln. Die jüngere Cousine hat einen großen Garten mit vielen Pflanzen, die zum Färben taugen. Sie färben Rohwolle, weil sie die selber verspinnen. Ich färbe Drops Wolle. Welche weiß ich noch nicht. Aber ich freue mich auf das Experiment.
Hallo Carolin, es ist zwar schon Zeit her, wo Du die Tipps gegeben hast,
aber vielleicht liesst Du doch noch drinn:
habe so einige Drops Qualitäten, auh Alpaca mit Ashford und Dupont Seidenmalfarben gefärbt.
Bis jetzt ist mir aber nicht gelungen, diese winzigen bunten Pünkchen zu bekommen.
auch wenn ich die nicht auf total nasse Wolle streue, verlaufen die Farbpartikel zu größeren Flächen. mit was für einer Methode bekomme ich die “zum stehen”?
Viele Grüße
Anna
Hallo Carolin, probier auch mal die Jacquard und Dharma- Farben von Spinnertundgewollt. Die sind preiswerter als Ashford, untereinander mischbar und in größerer Farbwahl erhältlich. Liebe Grüße, Beatrice
Hallo Carolin,
1. Vielen Dank für die tolle Präsentation/ Erklärung zum Thema Färben.
Das hier ist wirklich super toll geworden.
Wie auch die Vorgängerin geschrieben hat…das gleiche Problem habe ich auch. Die Farbe will nicht “stehen” bleiben.
Gibt es da einen Trick?
Und dann noch. eine Frage zum Topf und Wok.
Wo liegt der Unterschied? Warum Wok?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Schöne Grüße aus Zirndorf
Agatha
anfixer! farben sind bestellt, hab ja noch nicht genug hobbies *duckt sich*